Grundlagen der Kältetherapie

Dipl. Sportwiss. Dr. med. Tomas Buchhorn ist Orthopäde, Sportmediziner, Manualtherapeut und Diplom Sportwissenschaftler. Er hat zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen publiziert und Bücher geschrieben im Bereich Sportverletzungen und Ausdauersport. Durch die Betreuung von Sportlern aller Alters- und Leistungsklassen in den letzten 25 Jahren hat er einen tiefen Einblick in die Themen Training, Ernährung, Regeneration, Schlaf, mentale Vorbereitung und Motivation bekommen. Zudem kann er als „Babyboomer“ und den damit verbundenen wiederkehrenden Fragen zu den Themen Sport im Alter und Longivity profundes Wissen weitergeben. Die in diesem Podcast vorgestellten Themen stützen sich auf wissenschaftliche Erkenntnisse und werden für den Zuhörer verständlich aufbereitet.

von
Dr. Tomas Buchhorn
December 28, 2025

Ziel:

Die Episode erklärt, welche physiologischen Effekte Kältetherapie (kalte Duschen, Eisbad, gezielte

Kälteanwendungen) hat, für welche Ziele sie geeignet ist (Erholung, Entzündungsmodulation,

Stressresilienz, mentale Wachheit), welche Sicherheits‑ und Kontraindikationen zu beachten sind

und wie ein schrittweises, praxisnahes Einstiegs‑ und Adaptationsprogramm aussieht. Hörerinnen

und Hörer sollen danach einschätzen können, ob und wie sie Kälte sicher und zielgerichtet in ihren

Alltag integrieren können.

Wissenschaftlicher Hintergrund:

Kälteexposition aktiviert akute Gefäßreaktionen (Vasokonstriktion → Reperfusion), moduliert das

Immunsystem (Veränderung von Zytokinen), stimuliert sympathische Katecholaminantworten und

kann bei wiederholter Anwendung adaptive Mechanismen (verbesserte Kältetoleranz, veränderte

Stressreaktion) auslösen. Kälte beeinflusst zudem den Stoffwechsel (Kurzfristig erhöhter

Energieverbrauch, Aktivierung von braunem Fett) und hat komplexe Interaktionen mit

Trainingsanpassungen: unmittelbar nach intensivem Widerstandstraining kann Kälte lokale

Hypertrophiesignale dämpfen, während sie akute Muskelkater‑Symptome und subjektive Erholung

reduzieren kann. Sicherheitsrelevante Aspekte umfassen kardiovaskuläre Belastung bei bestehender

Herz‑Kreislauf‑Erkrankung, Risiko von Hypothermie, periphere Sensibilitätsstörungen sowie

Kontraindikationen (z. B. Schwangerschaft, akute Infekte) — daher ist ein schrittweiser Ansatz und

gegebenenfalls ärztliche Abklärung empfohlen.

Beispiele für Aktivitäten:

• 2–3×/Woche kalte Enddusche: 30–90 s am Ende einer warmen Dusche, schrittweise verlängern je

nach Verträglichkeit

• 1×/Woche kurzes Eisbad (bei gesundheitlicher Unbedenklichkeit): 2–4 min bei moderater

Temperatur (z. B. 10–15 °C), langsam steigernd

• Tägliche Morgen‑Kälte‑Snippets: 10–30 s kaltes Wasser im Gesicht / kalte Gesichtsdusche zur

Wachheit und vagalen Reflexstimulation

• Zyklus‑Strategie: z. B. 4 Wochen ON / 2 Wochen OFF zur Beobachtung von Anpassungseffekten

• Timing‑Hinweis: keine wiederholte starke Kälte unmittelbar nach hypertrophieorientiertem

Widerstandstraining, wenn das Ziel Muskelwachstum ist

Wissenschaftliche Studien (hochwertige Evidenz):

1. Higgins et al. Jahr, Journal

Akute Kälteexposition reduziert subjektiven Muskelkater und kann einige Entzündungsmarker nach

Belastung senken (modus‑abhängig).2. Bleakley et al. Jahr, Journal

Studien zeigen, dass Kälteanwendungen nach Widerstandstraining kurzfristig

Muskelproteinsynthese‑Signale dämpfen können, was langfristig Hypertrophie beeinflussen kann.

3. van der Poel et al. Jahr, Journal

Wiederholte Kälteexposition erhöht initiale Katecholaminantworten; langfristig zeigen sich

Verbesserungen in Kältetoleranz und subjektiver Stressresilienz.

4. Meta‑Analyse Jahr, Journal

Heterogene Ergebnisse: Kälte reduziert kurzfristig Muskelkater; Effekte auf

Leistungswiederherstellung und langfristige Anpassung variieren stark mit Protokoll, Temperatur

und Zielsetzung.

Trainingsplan - Einführung in regenerative Routine

Phase 0 — Sicherheitscheck vor Start: Blutdruck‑Check, bekannte Herzerkrankungen, periphere

Durchblutungsstörungen, Schwangerschaft, akute Infekte — ärztliche Abklärung bei

Vorerkrankungen empfohlen.

Woche 1-2 (Adaptation, Dusche‑Protokoll):

• Täglich: 30 s kalte Enddusche (am Ende der warmen Dusche), kontrollierte Atmung während

Exposition

Woche 3-4 (Steigerung & Konsistenz):

• Täglich: 60 s kalte Enddusche oder 3×/Woche 60–90 s kalte Enddusche; ggf. 1×/Woche 2 min

Ganzkörperkälte (kaltes Bad) bei gesundheitlicher Unbedenklichkeit

Woche 5–8 (Eisbad‑Erprobung, falls gewünscht):

• 1×/Woche Eisbad 2–4 min bei moderater Kälte (z. B. 10–15 °C), langsam steigernd; Nutzung

von Atem‑/Konzentrationsroutinen zur Sicherheit; niemals allein durchführen

• Trainings‑Timing: Nach hypertrophieorientiertem Krafttraining ist Kälte nicht ideal; für

schnelle Erholung nach intensiven Cardio‑Einheiten kann Kälte kurzfristig sinnvoll sein.

Zyklische Nutzung (z. B. 4 Wochen ON / 2 Wochen OFF) empfohlen, um Anpassungen und

Nebenwirkungen zu monitoren.

Reflexionsaufgaben:

• Welche gesundheitlichen Kontraindikationen (z. B. Herz‑Kreislauf‑Erkrankungen,

Schwangerschaft, Durchblutungsstörungen) solltest du vor einem Kälte‑Start ärztlich abklären?

• Welche sichere Einstiegs‑Variante (z. B. 30 s kalte Enddusche) probierst du diese Woche, und wie

dokumentierst du Reaktionen (Herzfrequenz, subjektives Wohlbefinden, Muskelkater)?

• Welches Ziel verfolgst du mit der Kältetherapie (schnellere Erholung, mentale Wachheit,

Stressresilienz), und passt dein Protokoll (Dusche vs. Eisbad) dazu?

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